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Kanada: deutlich höhere Luftsicherheitsgebühren für Flugpassagiere

März 13th, 2010 von Holger Dewitz ·

Die Regierung Kanadas plant zur Finanzierung neuer Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen eine drastische Erhöhung der Flugsicherheitsgebühr ATSC (Canada’s Air Travellers Security Charge) um über 50%. Aber warum eigentlich?

Kanada ist eines der sichersten Reiseländer weltweit, insbesondere für von Menschen verursachte Risiken. Die Kriminalität ist weit niedriger als beim südlichen Nachbar USA. Das gilt nicht nur für Gewaltkriminalität, sondern auch tourismustypische Plagen wie Taschendiebstahl. Mit den Mounties, der Royal Canadian Mounted Police, besitzt Kanada eine der berühmtesten Polizeitruppen der Welt. Auch Kanada kennt Terrorismus, wenngleich die meisten Anschläge noch im Planungsstadium steckenblieben. Politische Konflikte wie der franko-kanadische Sezessionismus in der Provinz Québec werden aber überwiegend im parlamentarischen Rahmen des politischen Systems ausgetragen.

Kanadas Investitionen in Sicherheit sind hoch. Gelegentlich so hoch, das selbst die Regierung den Überblick zu verlieren scheint. So kosteten die Sicherheitsmaßnahmen für die olympischen Winterspiele in Vancouver 1 Milliarde Dollar – sechs mal mehr als eingeplant.

Und kaum sind die Olympia-Besucher abgereist, legt Kanada im Bereich Sicherheit noch einmal nach. Ein neues Sicherheitspaket für den Luftverkehr soll die Qualität der Kontrollen an Flughäfen nochmals verbessern.

Seit 2001 wurden die Kontrollen an den 89 kanadischen Airports bereits drastisch verschärft. Nach versuchten Anschlägen in Großbritannien und im interkontinentalen Luftverkehr zwischen Europa und den USA reagierten die kanadischen Ministerien für öffentliche Sicherheit und Transport mit zusätzlicher Technik an den Airports und weiteren Einschränkungen für Reisende. Mit dem neuesten Paket, dem das Parlament in Ottawa noch zustimmen muss, will die Zentralregierung nun durch die kanadische Luftverkehrs-Sicherheitsbehörde (CATSA) flächendeckend Nacktscanner an Flughäfen installieren und Sprengstoffdetektoren aufstellen lassen.

Außerdem soll eine Studie überprüfen, ob der Einsatz von Verhaltensmusteranalysen zur Erkennung von verdächtigen Flugpassagieren praktikabel ist. Ein solches System, das sich auf eine intensive, zeitaufwendige Befragung von Reisenden durch psychologisch geschulte Interviewer stützt, wird beispielsweise sehr erfolgreich in Israel am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv eingesetzt.

Diese Art der Befragung ist allerdings Teil einer speziellen Sicherheitsphilosophie, die sich auf den Menschen konzentriert, statt auf gefährliche Gegenstände im Handgepäck.

Mit relativ schlechtbezahltem Sicherheitspersonal, das nach Handbuch-Standards Nagelfeilen aus dem Handgepäck fischt, lässt sich ein solches System schwer umsetzen.

Die Kosten der Studie, wie auch die Investitionen in Ganzkörper-Scanner und Sprengstoffdetektoren werden vollständig auf die Fluggäste umgelegt, Touristen und Geschäftsreisende gleichermaßen. Dafür erhöht Kanada die Flugsicherheitsgebühr ATSC, die jeder Flugreisende bei innerkanadischen oder internationalen Flügen in Destinationen im Ausland zahlen muss. Die Kosten des Pakets beziffert die Behörde auf CAD $ 1,5 Milliarden (1.07 Mrd. Euro), verteilt  über fünf Jahre. Damit verteuern sich Flugreisen sowohl für einen Trip von Toronto nach Calgary, als auch für die vielbeflogenen Flugrouten in die USA. So steigen die Gebühren im Durchschnitt um 52%, jeder Auslandsflug verteuert sich um CAD $8,21 (5,9 €) auf 25,91 kanadische Dollar oder umgerechnet rund 18,50 Euro.  

Angesichts der Höhe der Gebühren befallen John McKenna, Präsident der Luftverkehrsvereinigung von Kanada (ATAC), „Ernste Zweifel an der Effizienz der Luftsicherheitsbehörde.“

Die Steigerung sei „vollkommen inakzeptabel, insbesondere in einer Zeit in der Fluggesellschaften und Passagiere mit den Folgen der Wirtschaftskrise kämpfen“.

Auf Druck der Flughäfen, Reiseveranstalter, Tourismusmarketingagenturen und Fluglinien muss die kanadische Luftsicherheitsbehörde zeitgleich mit der umstrittenen Erhöhung einer Untersuchung ihrer Effizienz und Kostenstruktur über sich ergehen lassen.

Fliegen in Kanada wird nach der Gebührenerhöhung vielleicht nicht um 52% sicherer, sicher aber teuer und zeitaufwendiger.

Hohe Gebühren sind keine Gewähr für effizientes Sicherheitsmanagement. Bereits 2008 waren die kanadischen Flugsicherheitsgebühren die zweithöchsten der Welt. Nur die Gebühren in den Niederlanden sind höher. Ausgerechnet in dem Land, das sich die Planer von Al-Qaida beim versuchten Anschlag von Detroit im Dezember 2009 für einen Transferflug in die USA aussuchten – weil in Amsterdam-Schiphol die Kontrollen am leichtesten zu umgehen waren.

Kategorie:Sicher reisen
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